Am Schluss war die Frage nicht mehr: Kann die SVP die Abstimmung noch gewinnen? Sondern nur noch: Wie hoch wird die Niederlage der SVP ausfallen?
Die sogenannte Begrenzungsinitiative, ein Prestigeprojekt der Partei, konnte von Beginn des Abstimmungskampfes an nie mehr als 40 Prozent der interessierten Bürgerinnen und Bürger für sich begeistern. Das hat die Partei wahrscheinlich selbst schon recht früh erkannt; anders lässt sich die gegenüber früheren SVP-Initiativen markant geringere Zahl von Inseraten und Plakaten nicht erklären.
Für die Niederlage der grossen Volkspartei gibt es drei Gründe:
- Erstens: Die Themen Migration, Ausländer und Abgrenzung haben deutlich an Strahlkraft verloren. Das zeigt sich in den Sorgenbarometer-Umfragen, bei denen die entsprechenden Themenkreise seit gut zwei Jahren nicht mehr unter den Top-Sorgen rangieren. Das zeigt sich aber auch an der Abstimmungs-Urne, wo die SVP seit der Masseneinwanderungsinitiative von 2014 nicht mehr reüssieren konnte – weder bei der Durchsetzungs- oder der Selbstbestimmungs-Initiative noch beim Widerstand gegen die erleichterte Einbürgerung.
- Zweitens: Die SVP hat ihre Mobilisierungskraft verloren. Die grossen Abstimmungserfolge der SVP basierten darauf, dass sie ihre Sympathisanten in Scharen an die Urne bringen konnte – die legendären Buure-Zmorge und die provokativen Abstimmungs-Kampagnen haben jeweils ihre Wirkung nicht verfehlt. Doch schon bei den Wahlen im letzten Herbst waren viele der potenziellen SVP-Wähler zu Hause geblieben. Und auch für die heutige Abstimmung gaben die SVP-Wählerinnen und -Wähler in den Umfragen die tiefste Teilnahmeabsicht an von allen Parteisympathisanten.
- Drittens: Die Gegnerschaft hat aus den Niederlagen gelernt. Das Nein zur Masseneinwanderungsinitiative wurde auch möglich, weil die Gegner zersplittert und uneinig waren. Diesmal fanden sich die linken und die bürgerlichen Parteien, die Arbeitgeber und die Gewerkschaften unter der Führung von Bundesrätin Karin Keller-Sutter schon früh zu einer gegnerischen Koalition ohne wesentliche Risse.
So resultierte ein deutliches Nein bei der Initiative, und die SVP, die einst so übermächtig wirkte, die so erfolgreich war im Provozieren und Mobilisieren, lernt das harte Brot der anderen Parteien kennen. Manchmal gewinnt sie, oft verliert sie. Vor allem, wenn sich die Gegner einig sind.